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Vol d'automne
JAZZ'N'MORE 2/21
Der Berner Stewy von Wattenwyl braucht dem geneigten Jazzpublikum nicht vorgestellt zu werden. Auf "Vol d'automne" - der an einen französischen Chanson gemahnende Albumtitel geht auf eine Eigenkomposition des Pianisten zurück - hat er sich mit Alex Hendriksen zusammengeschlossen. Der zur Basler Szene zählende Saxophonist ist ein langjähriger Vertrauter Wattenwyls und als solcher eine erste Wahl für das vorliegende Duoprojekt, das vom blinden Einverständnis der Protagonisten lebt. Die beiden haben ein Repertoire aus elf Stücken zusammengestellt, die eines verbindet: ihre ausgesuchte sangliche Qualität. Mit Jerome Kern gehört einer der "üblichen Verdächtigen" zu den Autoren, daneben aber auch ein Paul McCartney mit "Black- bird" (einem seiner häufiger von Jazzmusikern gecoverten Songs) oder Michel Petrucciani. Die beiden Co-Leader haben ebenfalls zum Programm beigetragen - jedoch gebührt eine besondere Erwähnung Billy Strayhorn. Nicht, weil mit "Lush Life" und "A Flower Is A Lovesome Thing" gleich zwei Kompositionen von Letzterem zu hören sind, sondern weil in diesen beiden Titeln die vokale Qualität des Duos von Wattenwyl-Hendriksen ganz besonders schön zur Geltung kommt. Die zwei gehen ihr Repertoire mit einer bewussten Zurückhaltung an, welche die Interpretationen ganz in den Dienst der jeweiligen Stücke stellt - ganz so, als würden sie mit ihren Fingerspitzen spielen. Georg Modestin
PORGY & BESS
JAZZ'N'MORE 4/18
Stewy von Wattenwyl legt eine neue Auswahl von Songs aus George Gershwins 1935 uraufgeführter ”Folk-Oper” ”Porgy and Bess” vor. Von Georg Modestin
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George Gershwins am 30. September 1935 in Boston uraufgeführte ”Folk-Oper” ”Porgy and Bess” erfreut sich eines anhaltenden Zuspruchs, obwohl das Werk in der Vergangenheit nicht unkontrovers beurteilt worden ist: Im Zentrum der Diskus- sionen stand der Umstand, dass es sich um eine von einem Weissen geschriebene Produktion handelt, die in einem schwarzen, von Armut und Kriminalität gezeichneten Milieu spielt. Der Popularität von Gershwins Musik taten die Kontroversen keinen Abbruch, zumal sie ein Eigenleben entwickelte: Zahlreiche Songs aus dem Singspiel wurden aus dem Gesamtrahmen herausgegriffen und mutierten zu Evergreens, gerade im Jazz. Jazzversionen von ”Porgy and Bess” gibt es u.a. von Hank Jones, Ella Fitzgerald und Louis Armstrong, Miles Davis und Gil Evans, Oscar Peter- son oder, in neuerer Zeit, Joe Henderson. All diesen Adaptationen ist gemeinsam, dass sie sich auf eine Auswahl von Einzelsongs konzentrieren, während die Rahmenhandlung der Oper in den Hintergrund tritt.
Die vom Pianisten Stewy von Wattenwyl vorbereitete Fassung ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme: Sie enthält einige der bekanntesten Nummern wie ”It Ain’t Necessarily So”, ”I Got Plenty of Nuttin’” oder – der Evergreen! – ”Summertime”. Daneben sind aber auch weniger vertraute Titel zu hören, etwa die atmosphärisch ungemein dichte Entdeckung ”Oh, Doctor Jesus”. Aufgeführt wird die Musik von einem Sextett, bei dem Daniel Boh- nenblust am Altsaxofon, Daniel Woodtli an der Trompete und am Flügelhorn sowie die Sängerin Nicole Herzog die Frontline bilden.
Gerade Nicole Herzog ist für die expressiven, ausgesprochen ”szenischen” Songs eine ideale Besetzung. Entstanden ist diese neuste ”Porgy and Bess”- Version laut Stewy von Wattenwyl auf Anfrage des Thurgauer Bootsbauers Stefan Züst, der auch Jazzkonzerte veranstaltet. Die CD enthält den Mitschnitt der Erstaufführung in Züsts Werft in dem am Bodensee gelegenen Altnau. Die fröhliche Beschwingtheit, die den Aufnahmen eigen ist, geht zweifelsohne auf die Live-Situation zurück, wobei die Band nach Beendigung der Arrangements nur gerade zweimal proben konnte, mit Nicole Herzog sogar nur einmal. ”Es spricht”, so von Wattenwyls Lob, ”für die Professionalität meiner Kollegen und der Kollegin, dass sie alles in dieser Qualität hingekriegt haben.”
Die Vorbereitungen waren anspruchsvoll: Die grössten Herausforderungen waren laut von Wattenwyl ”zuerst einmal das Zusammenstellen einer möglichst attraktiven Auswahl aus dem Gesamtwerk. Dann das Transkribieren der Songs, von denen nur wenige und teilweise fehlerhafte Sheets in Real-Büchern zu finden waren. Dann aber auch die Reduktion der orchestralen Originale auf das kleine Format eines Sextetts und letztlich das Finden einer vernünftigen Balance zwischen Vorgabe und eigenen Ideen, also auch die Reharmonisierung und der Einsatz jazzfremder Instrumente wie der Shruti-Box und der Melodica”.
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Je tiefer Stewy von Wattenwyl in Gershwins Welt eintauchte, desto mehr begriff er seinen eigenen Worten zufolge ”die Kraft und die Tiefe, die in dieser Musik und auch in DuBose Heywards Libretto ruhen. Es ist der Blues, der den Modus vorgibt und bis heute für zeitlose Faszination sorgt”.
Porgy & Bess
SOULTRAIN (D)
Auch ein Dreivierteljahrhundert nach der Entstehung der „Porgy & Bess“-Oper aus der Feder von American Songbook-Ikone George Gershwin lässt sich die Neubearbeitung des Materials, darunter selbstredend auch Klassiker wie „It Ain’t Necessarily So“ oder das unvermeidliche „Summertime“, durchweg und mit großartiger Anmut hören – Stewy von Wattenwyl belässt den schieren Sound im wesentlichen im retrospektiven Habitus und legt lediglich in der technischen, will sagen musikalischen Umsetzung auf zeitgenössische Jazz-Einstreuung – „Porgy & Bess“ atmet.
Dafür sorgt auch die Stimme von Nicole Herzog, die klar und eingängig und hochemotional die beseelten Befindlichkeiten der Jazz-Oper umzusetzen versteht, sich zugleich dem großen Ganzen fast edel unterordnet – so funktioniert Musik. Dass „Porgy & Bess“ von Stewy von Wattenwyl featuring Nicole Herzog ein Konzert-Live-Mitschnitt ist, wird in der Regel nur am Applaus, der hier fast als Überleitung von einem Song zum anderen fungiert und funktioniert, vermittelt – eine Momentaufnahme, die auch aufgrund des Zuspiels der Mitmusiker Tobias Friedli (Schlagwerk), Christoph King-Utzinger (Bass) sowie Daniel Bohnenblust (Saxofon) und nicht zuletzt Daniel Woodtli (Trompete, Flügelhorn, Melodica und Shruti-Box) so wunderbar funktioniert, wie sie es hier tut.
Stilistisch sind es freilaufender, zeitgenössischer Jazz und Vocal Jazz, der auf Bluesunterfütterte, aber zurückgenommene Gospel-Momente trifft, die das Salz in der „Porgy & Bess“-Suppe ausmachen, eine Eigenart, die seit je her die Faszination für Gershwins unerreichtes Jazz-Oper-Meisterwerk ausmacht – wunderbar.
INTIMACY
JAZZ PODIUM (D) 3/13
Die klassische Balladenkunst ist Nicole Herzogs Stärke. Mit ihrem Pianisten Stewy von Wattenwyl und einigen Begleitmusikern hat sie im letzten Sommer im schweizerischen Bern „Intimacy" (Brambus 201370-2) aufgenommen.
Ein fabelhaft stimmiges Album, trotz, oder vielleicht auch gerade aufgrund einer distanzierten Coolnes in ihrer Persönlichkeit. So lebt diese Musik tatsächlich von einer intimen Stimmung und ist zugleich auch noch spannend. Selbst in den Augenblicken, in dem die Band federleicht swingt oder im fiebrigen Bossa Nova schwelgt. Nicole Herzogs Stimme hat Charakter, ihre Intonation ist ausgewogen, ihre Phrasierung hat Klasse - ohne dabei die großen Ladys des Jazz zu kopieren. Jazzgesang mit Herzblut und geschickt zwischen Tradition und Moderne angelegt.
(Jazz Podium 3/13)
AFTER THE RAIN
ALL ABOUT JAZZ (USA)
After the storm has passed through, after the rain, with the sunbeams peaking though the breaking clouds, the day takes on an unblemished clarity. The horizon's sharp edge separates land from sky. Details of the landscape shine with fine detail. That after-the-rain clarity and focus is what elevates the artistic endeavor. Swiss pianist Stewy von Wattenwyl, with recordings like the trio outing Dienda (Brambus Reocrds, 2005), and the quartet set with saxophonist Eric Alexander, Live at Marians (Bemsha Music, 2009), has displayed his own keen-edged focus with distinctive covers of the American Songbook, jazz standards and a handful of his own distinctive tunes.
On After the Rain von Wattenwyl mixes up quartet and trio workouts, with saxophonist Eric Alexander sitting in on half the numbers.
Von Wattenrwyl's approach to jazz is traditional, straight ahead and gorgeous, always. The pianist's original, "It Ain't That Bad" opens the disc with a strutting rhythm, then a flash of the pianist's right hand to introduce Eric Alexander. It's hard to believe this isn't an American jazz standard, from the days of saxophonist Hank Mobley. It could become one, with its stealthy groove, and Alexander's inspired blowing. The quartet embraces the pop singer Michael Jackson hit, "She's Out of My Life," opening with von Wattenwyl's supple keyboard touch swaying into Alexander's soulful, sad notes, coming straight ahead then slipping into some subtle forays. Von Wattenwyl moves into the trio mode with his original "Hellblau #2, with its insistent rhythm and superb trio interplay.
On the set's title tune, from the pen of John Coltrane— from the saxophonist's Impressions (Impulse! Records, 1963) album—the trio explores the crystalline beauty of the tune with a timeless four and a half minute reverie, leading into the jaunty mood of Hoagy Carmichael's "Skylark." Alexander returns for the final three tunes, beginning with a straight forward take on the ever familiar "When You Wish Upon a Star," before laying down a hot version of saxophonist George Coleman's "Apache Dance."
The record closes with another von Wattenwyl original, the ruminative trio effort, "Otro Mundo," with Kathrin Bogli supplying a heart-meltingly gorgeous lead on cello, to close out this exceptional After the Rain.
"Live at Marians"
Dan McClenaghan ALL ABOUT JAZZ USA
Swiss pianist Stewy von Wattenwyl blasts into this high energy set, Live at Marians, with a blistering one-two punch of Wes Montgomery's “Fried Pies” and John Coltrane's “Moments Notice.” The leader pounds the keys in a McCoy Tyner mode, and saxophonist Eric Alexander sounds raw and just barely tamed. This is not a sound that can be called laidback; this is a gale force wind gusting into town.
(...)The live setting definitely agrees with the Swiss keyboardist. The music on Live at Marians crackles with spontaneity, and nobody is being careful. These guys came to kick down the doors and play some jazz.
The band slows the pace on the Kahn/Van Heusen standard “All the Way,” with von Wattenwyl displaying a tender touch behind Alexander's soulful horn. Tom Harrel's “Terrestris” cranks things back to a mid-tempo on the tightest performance of the night. The pianist opens Bill Evans' “Very Early” with a beautifully inward intro, before the saxophone comes in with a ringing tone.
The power's back on in a down tempo way with Sonny Rollins' “Sonnymoon for Two.” Alexander digs deep, like Rollins, and the entire band seems particularly inspired and interactive on this down and dirty take, as Von Wattenwyl crafts a superb solo that takes flight in front of a rubbery rhythm.
Stanley Turrentine's “Stan's Shuffle” features Wattenwyl and the band at their free-swinging best, wrapping things up with a tune that must have had the audience up out of their chairs and dancing.
«I Got A Right To Sing The Blues»
Jack Bowers, CADENCE Magazine USA
In music as in sports, the best players always make whatever they do seem deceptively easy.
Guitarist Nick Perrin and pianist Stewy von Wattenwyl are so loose and casual that one might think they were jamming in a basement or garage instead of cutting an album in a recording studio, belying the years of study, discipline and hard work it took to get them to that point.
The duo format requires unremitting focus and the ability to listen carefully and respond immediately to whatever ideas one’s partner is laying down.
Perrin and von Wattenwyl have that down to a science. (…)This is a splendid session by a couple of world-class musicians...
This album is worth hearing for its exceptional artistry and the perceptive interplay between von Wattenwyl and Perrin.
DIENDA
Concerto (A) Nr. 2 2005
Wattenwyls Vorzug besteht darin, die hier gespielten Standards in einer Art und Weise zu präsentieren, als waren es seine eigenen Kompositionen. Sie sind eigenwillig, originell, dienen oft als Ausgangspunkt für berauschende Improvisationen oder als Gerüst für sinnige Arrangements.
„My Favourite Things, unter Brubecks Händen zum Meilenstein geworden, hat nun in Pianist Wattenwyl seinen zweiten Meister gefunden. Welche Umdeutung, grandios!
Selbst ein alter Gassenhauer wie Shearings „Lullaby Of Birdland bekommt ein neues Mäntelchen verpasst. Seine stärksten Momente hat Wattenwyl, wie ich finde, wenn er über der Leitmelodie eines Songs improvisiert. So manches Thema wird auf diese Weise klug, ideenreich und fast schelmisch vorgestellt. Wattenwyl versteht es ausgezeichnet, seinen reichhaltigen Fundus an diversen Stilen in seine Jazzsprache zu übertragen.
Dienda, das sind 70 Minuten Jazztriokost vom Feinsten. Mit dabei Daniel Schläppi oder wahlweise Reggic Johnson am Bass und Tobias Friedli am Schlagzeug. KaDe, Concerto Nr.2, Austria